KRAFTORTE
Spanien


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Fisterra / Galizien
 

Die Stadt Finisterre liegt in der Region von Costa da Morte / Die Todesküste, und befindet sich am westlichsten Ende der galizischen Küste.



Wenn der müde Pilger es bis dahin geschafft hat, bleibt ihm die Möglichkeit zu relaxen oder sich auf die Suche nach alten Kultplätzen zu machen. Die Wanderung beginnt unten im Hafen, der sehr zentral liegt und gut erreichbar ist von allen Herbergen und Hotels der Stadt. Der Salzgeruch des Meeres und die Fischerboote an der Mole lösen eine starke Sehnsucht aus nach vergangenen Zeiten, die uns nur noch in Bruchstücken überliefert sind. Die Geschichte beginnt mit der Ankunft eines ruderlosen Schiffes aus Galiläa. Der Name Galiläa, damals eine hebräische Provinz unter römischer Herrschaft, kommt aus haGalil von galil = Kreis, Distrikt, eine Abkürzung von „galil ha-gojim“ = „Bezirk, Kreis der Heiden“. An Bord eine prominente Leiche: Yaakov ben-Zebedee, einer der Lieblingsapostel von Jesus. Um die Legende etwas zu entblättern: Ein steinernes Schiff aus Jaffa, ohne Ruder, nur von Engeln geleitet, mit dem kopflosen Leichnam des Jakobus des Älteren an Bord, begleitet von zwei seiner Anhänger, Athanasius und Theodorus, erreicht die Nordwest Küste Spaniens. Also in sieben Tagen aus dem vorderasiatischen Mittelmeerraum an die Atlantikküste. Wow! In dem Moment, als der Tode auf einem Felsen bei Iria Flavia (heute Padron) abgelegt wird, umfasst der Stein den Heiligen und bietet sich dem Menschenfischer als Sarkophag an. Die zwei Schüler bringen den Steinsarg zur lokalen Königin. Die keltische Königin Lupa (Die Wölfin) versucht erstmal zu tricksen: Als die mächtige Herrscherin die Bitte der Jünger hört, dass diese ein Grundstück verlangen, um ihren Herren zu bestatten, schickt sie diese erstmal zum König von Duyo.(in einer andere Variante der römische Legat). Das damalige Dugium, heute ein Vorort von Fisterra, war die Hauptstadt des keltischen Stamms der Nerios . Der König war auch nicht begeistert von den palästinensischen Gästen, nahm sie gefangen und wollte sie töten lassen. Aber da kam ein Engel, befreite sie und verhalf ihnen zur Flucht. Der König verfolgte sie mit seinen Truppen. Diese fanden aber einen wenig glorreichen Tod, als sie eine Brücke überqueren wollten, die unter ihnen zusammenstürzte. Die herkulischen Aufgaben waren aber noch nicht erledigt: Lupa wollte sie mit einer neuen List loswerden. Sie sollten jetzt auf dem Berg Ilianus ungezähmte Stiere fangen, die sie als zahme Ochsen beschrieb (kommen von da her die spanischen Stierkämpfe?!). Aber noch vor dem Aufstieg zum Berg blockierte ihnen ein Drache den Weg. Langer Rede kurzer Sinn: Alle Viecher wurden mit dem Kreuzzeichen domestiziert, die stolze Königin konvertierte zum Christentum und bot ihren Palast an als würdevolle letzte Bleibe für den Bruder des Evangelisten Johannes. Politisch motivierte Kleriker haben das Grab des Apostels nach Compostela umgesiedelt.

Man folgt dem Küstenstreifen vom Hafen Richtung Kap. An der ehemaligen Fortifikationsanlage vorbei Richtung Faro. Als erstes begegnet uns auf der rechten Seite die Kirche Santa Maria de Areas. Teile der Apsis, einige Kapitelle und das Ostportal sind noch Originale des romanischen Baus aus dem 12. Jhd. Sonntagmittags, nach dem Gottesdienst, riecht es intensiv nach Weihrauch. Die Freunde der Gotik und Romanik kommen im Inneren der Kirche auf ihre Kosten. Im Zentrum der überregionalen Verehrung ist der Santo Cristo de Fisterra. Eine hölzerne Statue des Gesalbten, die laut Sage während eines Sturmes von einem Schiff runtergefallen sein soll. Die Fischer brachten sie in ihre Kirche. Die Liebe der Spanier zu solchen Figuren ist dermaßen groß, dass sie den Statuen saisonbedingt immer wieder neue Kleider verpassen. Der Jesus wirkt sehr realistisch.

Beim Rausgehen erblickt man hinter der Kirche den Friedhof, wo sich im Mittelalter ein Pilgerhospital befand. Eilige Pilger huschen an einem vorbei mit einem „Hola, Buen camino“. Ihre glänzenden Augen lechzen gen Leuchtturm: Das Ende ihrer Pilgerwanderung. Das Ritual verlangt: zuerst im Meer baden, dann am Kap die Klamotten verbrennen und abschließend den Sonnenuntergang verfolgen.

Ein Kraftplatz-Genießer lässt sich aber nicht antreiben. Man zweigt vorher noch ab an der Stelle, wo eine Tafel zur Einsiedelei von San Guillermo weist. Nach 20 Minuten erreicht man diese archäologisch gut recherchierte Stelle.



Es folgt ein 4 Elemente Ritual und das Beschmücken des Altarsteins. Dann die Verbrennung von über 20 Wunschzetteln, die aus der alten Heimat mitgegeben wurden und vorerst in der Kathedrale von Santiago energetisiert wurden. Der Altarstein diente über Jahrhunderte für Fruchtbarkeitsrituale und es ist bekannt, dass sich bis in neuere Zeiten kinderlose Ehepaare auf dem Stein rituell vereinigt haben.



Die Legende erzählt über eine keltiberische Gottheit namens Orcabella. (Orca, Schwertwale aus der Familie der Delfine, auch ein Ort in Portu – GAL; bella = die Hübsche, oder vella/vieja die Alte). Orcabella wird als alte, hässliche Hexe mit einem extrem großen sexuellen Appetit beschrieben. Sie ist die Crone Göttin, die CailleachBeara (manchmal auch Morrigan), der dunkle Aspekt der trinitarischen Göttin der Kelten. Ab Samhain bekommt sie ein blaues Gesicht, das immer jünger wird, bis an Beltane die neue jungfräuliche Göttin erscheint. Beara ist auch eine Region im Süden Irlands und Cailleach ... ist ja ganz was Besonderes. Denn Galicia wurde von den Römern als Callaecia bezeichnet. Land der Göttin Cailleach?! Die Galläker kamen schon im 5. Jhd. schubweise auf die iberische Halbinsel und vermischten sich mit den einheimischen Iberern und in den Pyräeneen mit den Ligurern. Die Cailleach Beara taucht auch in einer uralten irischen Sage auf, wo Fintan der Weise sie fragt „Bist du die Urgroßmutter, die zu Anbeginn den Apfel gegessen hat?“ Da taucht wieder das Motiv des Apfels und der Apfelinsel Avalon auf. Das Land der Ewigen Jugend, irgendwo im Westen, irgendwo untergegangen im Atlantik (Atlantis?! Parallele dazu, Herkules, der die goldenen Äpfel der Hesperiden stiehlt. Die Hesperiden, die Töchter des Westens: die Weiße, die Rote und die Schwarze). Der Blick schweift von oben vom Berg hinab in das dunkle Meer (von den Römern Mare Tenebrosum genannt). Denn die Römer waren auch keine große Seefahrer Nation. Die wahren Helden der stürmischen und wilden Meere und Ozeane waren ja die Phönizier . Und noch bevor sich die römische Sandale überall um das Mittelmeer breit machte, gelang es diesem Volk, das aus dem heutigen Libanon stammte, überall Niederlassungen bis rauf auf die britischen Inseln zu gründen. Woher hatten diese bemerkenswerten Männer ihr Wissen? Waren es doch wirkliche Nachfolger der Atlanter?! Die Griechen nannten sie Phoenike, die Roten. Ebenso wie die Pelasger. Das bedeutet „die Männer vom Meer“. Ein Pelayo hat ja auch das vergessene Grab des Jakobus im 9. Jhd. „wiederentdeckt“.

Hier oben auf dem Monte Facho (in der phönizischen Sprache heißt Fenchu Zimmermann, Tischler, Holzfäller; Facho auf Portugiesisch heißt Fackel) vermutet man auch die alte Siedlung Vilar Haare. Nicht weit entfernt von hier entlang der Todesküste gab es zahlreiche Seeschlachten und Schiffsunglücke.



Man verlässt die schöne Dolmenanlage, wo die christliche Sage noch schnell ihren Platz findet: Der Graf von Aquitanien, Guillermo X, stirbt auf seinem Weg nach Santiago im 11. Jhd., nachdem er sämtliche christlichen Wunder vollzogen hat. Eine andere Variante lässt den Neffen von Karl dem Grossen, bekannt als Guillaume de Gelone, mit einem Esel und Weinschläuchen drauf diesen Weg gehen. Oder als Graf von Toulouse, der später ein Mönch wird und ein Kloster gründet. Dann ist da noch der unglückliche Wilhelm aus der Bretagne, der seine Schwester töten muss, weil diese nicht nach Hause kommen will, nachdem beide den Pilgerweg nach Santiago gemacht hatten. Diese unglückliche Geschichte wird auch als das Mysterium von Obanos thematisiert.

Der Weg über den Bergkamm führt Richtung Kap. Noch bevor der Leuchtturm sich zeigt, erscheinen immer mehr kultverdächtige Steinformationen. Entlang der ganzen Küste befinden sich zahlreiche Petroglyphen (Felszeichnungen); Orakelsteine (wie der Stein Abalar), Opfersteine mit Löchern und Vertiefungen sowie figurative Steine, die die Phantasie der Menschen über Jahrhunderte durch ihre bizarren Formen inspiriert haben. Solche befinden sich hauptsächlich auf dem Bruderberg des Facho, dem Monte Pindos ; beide werden von einer starken geomantischen Linie verbunden.

Hier oben auf dem Hochplateau des Berges existierte zu Zeiten der Phönizier ein Ara Solis Tempel. Als die Römer hier ankamen, so erzählt man sich, waren sie so fasziniert von dem Spektakel, dass die Sonne hier im Ozean verschwindet und einen roten Streifen auf der Wasseroberfläche hinterlässt, dass sie sich wie die Lemminge von den Felsen ins Wasser stürzten. Die Römer pflegten aber weiterhin den Sonnenkult an dieser Stelle, denn der griechische Helios, der orientalische Elagabal und der persische Mithras verschmolzen zu ihrem eigenen Sonnengott Sol.



Was bringt aber Jakobus hier an diesen alten Initiationsplatz? War es üblich bei den Nachfolgern der Atlanter, sich dort bestatten zu lassen, wo man am nächsten dem Lande im Westen, dem Ort der Ahnen ist? Was veranlasste zig Generationen von Menschen, den Jakobsweg zu gehen, den Weg zum Sternenfeld, bis dorthin nach Finisterra, dem Ende der Welt, wo sich astronomisch am Himmel der grosse Hund befindet? (Ist es Zufall, dass Jakobus bei seiner Missionsarbeit öfters mit einem Hund dargestellt wird?!).

Es bleiben viele Fragen offen, aber dort oben fühlt man sich als Teil dieses Mysteriums. Ein Dolmenstein und ein Wackelstein bestätigen die Heiligkeit des Ortes.



Unten am Kap begegnet man erschöpften aber glücklichen Pilgern, die ihre „Pflicht“ getan haben. Jetzt können sie zurückkehren in die Normalität. Man begrüßt noch diejenigen, die weiterziehen bis nach Muxia. Dort ist noch ein anderes Heiligtum, das man der Maria geweiht hat: Die Kirche Virgen dela Barca (Die Jungfrau vom Boot), weil Maria dort dem desillusionierten Jakobus erschienen ist, um ihn zu bestärken. Ganz in der Nähe befinden sich wieder heilige Steine. Unter ihnen der Nierenstein, eine uralte Heilungsstätte. Genauso wie dieses wunderbare Land - dort am Ende der Welt. Ein Land der Sehnsüchte...und der Wiedergeburt.



©Text und Bilder Robert Meisner,
www.gesundheitszentrum-sonnenblume.de
Wir danken recht herzlich Robert Meisner für die Erlaubnis der Veröffentlichung seines wundervollen Reiseberichtes mit Fotos zu diesem besonderen Kraftort.