KRAFTORTE
England

Stonehenge
Near Salisbury

Auch wenn man die Steine nicht berühren darf, so geht doch nichts von der Faszination dieses Ortes verloren. Stonehenge ist keineswegs die grösste oder die am aufwendigsten errichtete prähistorische Anlage Grossbritanniens. Aber keines von allen ist bekannter, wird eingehender studiert und beschäftigt die Phantasie und die wissenschaftlichen Spekulationen in höherem Maße als Stonehenge. Dieses aussergewöhnliche Monument ist aus sogenanntem Blaustein, einer bläulichen Dolerit-Art und Sarsenstein gebaut, einem Sandstein, der härter ist als Granit.
Die Steinblöcke lassen sich zu einem Steinbruch in Wales, etwa 200 Kilometer nordwestlich der Ebene von Salisbury, zurückverfolgen. Da zur Zeit des Baus Wagen mit Rädern in England unbekannt waren, gehört der Transport dieser Kolosse - von denen einige bis zu 50 Tonnen wiegen - über derartige Entfernungen zu den verblüffensten Leistungen und hat zu vielen Mutmaßungen geführt.



Eine Datierung der Errichtung ist nicht möglich, es wird vermutet, dass es ab 3100 v. Chr. in vier Etappen gebaut wurde. Das herausragendste Merkmal von Stonehenge sind die Tore und Trilithen, die erst in den letzten Bauphasen entstanden.



Lange wurde Stonehenge vernachlässigt, erst 1130 n. Chr. wurde die heilige Stätte dem Vergessen entrissen als der englische Geistliche Henry von Huntingdon sich erstmals wieder mit diesem rätselhaften Ort auseinandersetzte und eine Flut von Theorien auslöste. Sein Zeitgenosse Geoffrey von Monmouth legte 1136 eine Version der Entstehung dar und brachte Stonehenge erstmalig in Verbindung mit Aurelius Ambrosius und dessen Bruder Uther Pendragon, dem Vater des sagenhaften König Artus, die ein würdiges Denkmal zum Andenken ihrer im Kampf gefallenen Krieger errichten wollten. Nur mit der Hilfe Merlins war der Bau und der Transport dieser gigantischen Steine möglich. Spätere Chronisten griffen Geoffreys Geschichte auf und schmückten sie aus, so dass Merlin zu einem festen Bestandteil der Folklore von Stonehenge wurde.



Erst im frühen 17. Jahrhundert trat die mittelalterliche Legende in den Hintergrund und machte wissenschaftlichen Erkundungen Platz. König James I. beauftragte, um seine Neugier hinsichtlich der Entstehung und Zweck dieser mysteriöser Anlage zu stillen, den herausragendsten Architekten seiner Zeit, Inigo Jones, mit der Untersuchung. Dieser verwarf die Hypothese, dass vorgeschichtliche Briten daran beteiligt gewesen sein könnten, denn in seinen Augen waren es "Wilde und Barbaren, die nicht das hohe ästetische und mathematische Verständnis besessen haben, um etwas zu bauen, was soviel Kunstsinn, Planmässigkeit und Symetrie aufweist". Er kam zu dem Schluss, dass es sich um einen Tempel des römischen Himmelgottes Coelus handele, denn "von allen Völkern des Universums" so erklärte er, "hätten allein die Römer ein derartiges Wunderwerk errichten können".

Doch schon bald sollte eine noch strittige - und letztlich langlebigere - These in den Vordergrund treten, die alle früheren Annahmen verdrängte. Stonehenge sei, so verkündeten die Anhänger der neuen Theorie, ein von den Druiden erbauter Tempel. John Aubrey, Mitglied der königlichen Akademie der Naturwissenschaften, behauptete, dass Britanniens prähistorische Steinmonumente so weit in Gebieten verbreitet seien, die von Eindringlingen kaum berührt worden waren, dass sie nur von den einheimischen Briten erbaut worden sein konnten. Es gebe "eindeutige Beweise, dass diese Denkmäler heidnische Tempel waren" und "es bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass sie Tempel der Druiden waren". Im 18. Jahrhundert fand dieser Neo-Druidismus seinen Höhepunkt in der Gründung mehrerer Druidenorden, die Stonehenge zum Ort Ihrer Zeremonien und Riten machten.
 


Mit Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte der angesehene britische Astronom Sir J. Norman Lockyer, dass die Steine so angeordnet wurden, dass sie wichtige Punkte der zyklischen Bewegung der Sonne, des Mondes und bestimmter Sterne kennzeichnen. Gerald S. Hawkins ging sogar soweit zu behaupten, man könne mit Hilfe dieses steinzeitlichen Computers Mondfinsternisse voraussagen und Fred Hoyle, Astronomie-Proffessor an der Universität Cambridge, bestätigte, dass "hier ein wahrer Newton oder Einstein am Werk gewesen sein muss. Das setzt ein Mass an interlektuellen Fähigkeiten voraus, das Grössenordnungen über dem Stand liegt, der bei einer Gemeinschaft primitiven Ackerbauern zu erwarten ist".
Eine weitere alternative Theorie wurde von Alfred Watkins in den zwanziger Jahren entwickelt. Er hatte ein Gittermuster gerader Linien entdeckt (er nannte sie nach dem angelsächsischem Wort für Wiese/Flur "leys" oder "ley-lines"), das Megalithen, Grabhügel und andere bedeutsame Stätten miteinander verbinden. "Dies sei ein auffallendes Netz von Linien von subtiler Kraft quer über Britannien und anderswo auf dem Raumschiff Erde, erkannt und gekennzeichnet in prähistorischen Zeiten von Männern, die Weisheit und kosmisches Wissen besaßen". Nach dieser Auffassung führen die Linien eine rätselhafte Erdenergie, die den Megalith-Erbauern bekannt war und von ihnen auf irgendeine Weise in den grossen Steinen, die sie aufstellten, gespeichert und nutzbar gemacht wurde. Stonehenge, wo sich zwei der markantesten Linien kreuzen, stellt demzufolge einen Brennpunkt derartiger Energie dar.

Nicht nur, dass die alten Briten hinsichtlich langfristiger Beobachtungen, Berechnungen und wissenschaftlicher Dokumentation Erstaunliches geleistet hatten - die Druiden, als Erben ihrer Wissenschaft und Philosophie konnten Stonehenge mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen.

Wir danken recht herzlich dem Urheber des Textes und der Bilder Andreas Erlenkötter! Zu finden unter:  http://www.dasvermaechtnis.de/stonehenge.html